Hauptsache Gemüse, egal wie?
Warum die Garmethode nicht egal ist
Gemüse ist für viele Menschen die verschmähte Beilage. Du als Happy Plantie siehst das hoffentlich anders 🙂 Du weißt, dass Gemüse unendlich viele Nährstoffe für deinen Körper enthält und schätzt die bunte Vielfalt. Aber bist du dir auch sicher, die richtige Garmethode für Gemüse zu nutzen? Oder glaubst du, dass es eigentlich am besten wäre alles roh zu essen? Dann ist der Artikel genau richtig für dich!
Denn diese drei weitverbreiteten Theorien stellen wir heute auf den Prüfstand:
- Roh verzehrtes Gemüse hat immer die meisten Nährstoffe
- Eingekochtes Gemüse hat kaum noch Vitamine
- Dämpfen ist immer die schonendste Garmethode
Was hat Gemüse zu verlieren?
Was genau mit „Nährstoffen” eigentlich gemeint ist
Abgesehen von seiner knackigen Form und der frischen Farbe, hat Gemüse beim Garen vor allem Nährstoffe zu verlieren. Im Folgenden wirst du anstelle des Begriffs Nährstoffe, den Begriff Vitalstoffe lesen. Warum? Nährstoffe sind u.a. auch Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß und Wasser. Vitalstoffe bezeichnet dagegen eher die Mikronährstoffe, auf die wir uns hier konzentrieren.
Grob zusammengefasst gibt es drei Vitalstoffgruppen, die in Gemüse enthalten sind:
- Vitamine
- Mineralstoffe (inkl. Spurenelemente)
- sekundäre Pflanzenstoffe (auch Antioxidantien genannt)
Jede dieser Gruppen kannst du dir als eine Familie vorstellen. Und wie in jeder Familie gibt es Eigenschaften, die zwischen den Mitgliedern übereinstimmen. Aber wie auch in deiner Familie hat jedes Mitglied darüberhinaus seine ganz eigenen Eigenschaften, Ansprüche und Schwächen. Alle Familienmitglieder über einen Kamm zu scheren und es allen auf einmal Recht zu machen ist also unmöglich.
Und für das rohe Verzehren und eben auch Garen von Gemüse gilt genau das! So viel kann also vorweg gesagt werden: die EINE ideale Garmethode für alles Gemüse gibt es nicht!
Also habe ich für dich zu allen drei Vitalstoffgruppen Vor- und Nachteile von verschiedenen Garmethoden für verschiedene Gemüse recherchiert. Aber vorweg noch ein paar Worte zum Leben des Gemüses vor dem Garen!
Was passiert vor dem Garen?
Warum Lagerung oft entscheidender ist, als die Garmethode
Du kannst dir viele Gedanken über die perfekte Garmethode für deinen Spinat machen. Liegt der schon seit 5 Tagen in deinem Kühlschrank, ist es ziemlich egal, wie du ihn garst. Denn zu diesem Zeitpunkt hat der Spinat etwa 75% seines Vitamin-C-Gehaltes verloren und auch ansonsten sind nicht mehr viele Vitalstoffe übrig. Schaden wird dir der Spinat deshalb nicht, aber den vollen Nutzen à la Popeye kannst du eben nicht mehr herausholen, ganz egal, ob du ihn garst oder roh isst.
Viele Vitalstoffe reagieren empfindlich auf Wasser, Licht, Sauerstoff und Hitze. Auch hier ist jedes Familienmitglied anders, mehr dazu später. Trotzdem lässt sich sagen: Je frischer das Gemüse ist, desto mehr Vitalstoffe enthält es. Bedenke dabei auch immer, dass es nach der Ernte bereits einen Transport und die Lagerung im Verkauf hinter sich hat. Jede Stunde zwischen deinem Kauf und dem Verzehr tickt also die Vitalstoff-Uhr für dein Gemüse.
Idealerweise würde jeder von uns sein Gemüse selbst biologisch anbauen und direkt vor der Zubereitung ernten. So würden wir das Maximum an Vitalstoffen aufnehmen. Leider ist das nicht für jeden möglich. Also gilt: frisch kaufen, knackiges Gemüse bevorzugen und schnell verzehren. Wenn du Gemüse auf Vorrat lagern möchtest, ist die Vitalstoffbilanz von Tiefkühlprodukten meist besser!
Vitamine
Die empfindlichsten Vitalstoffe
Vitamine übernehmen unendlich viele Funktionen in deinem Körper. Die alle aufzuzählen, würde hier zu weit führen. Grundsätzlich benötigt dein Körper alle Typen von Vitaminen. Abgesehen von Vitamin D, das durch Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet wird, musst du dem Körper alle Vitamine von außen zuführen. In Bezug auf die Garmethode ist wichtig zu wissen, dass es wasserlösliche und fettlösliche Vitamine gibt. Das spielt sowohl beim Putzen und Schneiden, als auch beim Garen von Gemüse eine Rolle.
Auf Wasser, Licht, Sauerstoff und Hitze reagieren alle Vitamine anders. Folgendes sollte bezüglich dieser „Feinde” der Vitamine beachtet werden:
Wasser
Je länger das Gemüse mit Wasser in Kontakt ist, desto mehr wasserlösliche Vitamine gehen verloren. Besonders bei Blattgemüsen wie z.B. Salat und Spinat. Gemüse sollte deshalb schnell in stehendem Wasser (nicht fließend) gereinigt werden und nicht lange im Wasser liegen.
Außerdem gilt, je größer die Schnittoberfläche des Gemüses ist, desto mehr Vitamine gehen beim Kontakt mit Wasser verloren. Also kleine Würfel = hoher Vitaminverlust bei Wasserkontakt!
Licht
Gemüse sollte zum Schutz der lichtempfindlichen Vitamine möglichst dunkel gelagert werden, also z.B. im Kühlschrank oder der Speisekammer. Besonders geschnittenes Gemüse sollte nicht lange dem Licht ausgesetzt werden.
Sauerstoff
Auch hier gilt, je größer die Schnittoberfläche des Gemüses ist, desto mehr Vitamine gehen beim Kontakt mit Sauerstoff (Luft) verloren. Also kleine Würfel = hoher Vitaminverlust bei Luftkontakt! Daher sollte Gemüse möglichst direkt vor dem Verzehr geschnitten und ansonsten auf jeden Fall möglichst luftdicht aufbewahrt werden. Püriertes Gemüse, z.B. in Smoothies verliert besonders schnell Vitamine durch Luftkontakt. Smoothies und Säfte sollte also immer sofort getrunken werden.
Hitze
Durch Hitze beim Garen werden empfindliche Vitamine, wie z.B. Vitamin C bis zu 50% zerstört. Die größten Verluste entstehen beim Angaren, also dem langsamen Erhitzen von Gemüse. Es ist also wichtig, das Gemüse möglichst schnell über 70° C zu erhitzen, denn dabei werden vitaminzerstörende Enzyme ausgeschaltet. Lieber schnell und heiß garen, als langsam erwärmen. Das ist z.B. beim asiatischen Garen im Wok der Fall.
Gart das Gemüse nach dem raschen Erhitzen noch länger weiter, sind die zusätzlichen Verluste an Vitaminen nicht mehr viel größer. Daher haben auch eingekochte Suppen und Eintöpfe nicht wesentlich weniger Vitamine als kürzer gegarte Speisen. [1]
Hitzeunempfindliche Vitamine können zwar durch das Aufbrechen der Zellwände im Gemüse beim Garen ausgewaschen werden, befinden sich dann aber immer noch in der ausgetretenen Flüssigkeit bzw. dem Kochwasser. Daher sollte beim Kochen von Gemüse das Wasser ebenfalls für den Verzehr genutzt werden, z.B. für Suppen oder Saucen.
Fettlösliche Vitamine werden beim Braten am besten geschont, indem man das Gemüse ohne oder möglichst wenig Fett in einer beschichteten Pfanne gart. Fett für die Aufnahme im Körper lieber nach dem Garen in Form von Nüssen, Avocado oder einem hochwertigen Öl zugeben.
Jedes Mitglied der Vitamin-Familie reagiert anders auf Einwirkungen von außen. Hier eine Übersicht:
Zum Bewahren möglichst vieler Vitamine während der Zubereitung gilt:
- Möglichst kurzfristig vor dem Garen und Verzehr das Gemüse waschen und schneiden.
- Je größer die Gemüsestücke, desto mehr Vitamine bleiben erhalten.
- Je weniger Wasserkontakt das Gemüse hat, desto besser! Braten (möglichst ohne Öl), Grillen, Backen, Dämpfen und Dünsten sind also gegenüber dem Kochen zu bevorzugen.
- Lieber schnell und heiß garen, z.B. im Wok. Gemüse immer erst bei hoher Temperatur in den Topf bzw. die Pfanne geben.
Mineralstoffe
Die etwas robusteren Vitalstoffe
Mineralstoffe sind Vitalstoffe, die durch die Aufnahme aus dem Boden im Gemüse vorhanden sind. Genauso wie Vitamine sind sie an einer Vielzahl von Vorgängen im Körper beteiligt und du musst sie dir von außen zuführen.
Mineralstoffe, die dein Körper benötigt und über die Nahrung zu sich nehmen kann:
- Mengenelemente (Calcium, Kalium, Magnesium, Natrium, Chlorid, Phosphor, Schwefel)
- Spurenelemente (Chrom, Eisen, Fluor, Jod, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
Mineralstoffe sind nicht ganz so empfindlich wie Vitamine. Beim Garen können sie jedoch auch in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Schale des Gemüses dient als bester Schutz vor dem Mineralstoffverlust beim Garen. Auch Gemüse, das du ohne Schale essen möchtest (z.B. Kartoffeln), sollte in der Schale gegart werden.
Im Prinzip gelten zur Vermeidung von Mineralstoffverlust die gleichen Grundsätze, wie für die Bewahrung von wasserlöslichen Vitaminen. Somit gilt auch hier, je weniger Wasserkontakt, desto besser. Im Gegensatz zu den empfindlichen Vitaminen werden Mineralstoffe jedoch nur ausgeschwemmt, aber nicht zerstört. Wenn das Gemüse gekocht wird, sollte also zugunsten der Mineralstoffaufnahme auch die Kochflüssigkeit verwendet werden.
Sekundäre Pflanzenstoffe
Die rätselhaften Vitalstoffe
Über sekundäre Pflanzenstoffe weiß die Wissenschaft schon vieles, aber ganz sicher nicht alles. Nach heutigem Wissensstand sind sie nicht essentiell für unser Überleben, haben aber einen extrem positiven Einfluss auf viele Prozesse im Körper. Der bekannteste Prozess ist der Schutz vor freien Radikalen, die durch Sonneneinstrahlung, Umweltgifte, Stress, verarbeitete Lebensmittel, aber auch ganz normale Stoffwechselvorgänge in unserem Körper entstehen. Die Auswirkung der freien Radikalen heißt Oxidation oder oxidativer Stress. Deshalb bezeichnet man die sekundären Pflanzenstoffe auch als Antioxidantien. Durch die Ausschaltung der freien Radikalen können sekundäre Pflanzenstoffe das Risiko für die Entstehung einer Vielzahl von Krankheiten senken, z.B. Krebs.
Es sind ca. 100.000 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe bekannt, von denen aber nur 5.000 bis 10.000 in der menschlichen Nahrung vorkommen.
Ein hoher Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen lässt sich schon an der Farbe von frischem Gemüse erkennen. Je intensiver die Farbe, desto mehr sekundäre Pflanzenstoffe. Das zeigt auch, warum z.B. Gurken am besten mit Schale gegessen werden sollten.
Die Antioxidantien-schonenste Garmethode für unterschiedliche Gemüse
Die Zusammensetzung an sekundären Pflanzenstoffen ist in jedem Gemüse anders. Das führt dazu, dass das antioxidativen Fähigkeiten in unterschiedlichen Gemüsen unterschiedlich auf verschiedene Garmethoden reagiert. 2009 wurden in einer spanischen Studie 20 verschiedene Gemüsesorten auf 6 verschiedene Weisen gegart (Mikrowellengaren, Druckgaren, Backen, Frittieren, Braten bzw. Grillen in der Pfanne ohne Öl, Braten mit Öl) [4]. Anhand von zwei Indikatoren wurde das antioxidative Potential vor und nach dem Garen gemessen. Die Ergebnisse erstaunten insofern, dass die Werte in den Gemüsesorten ganz unterschiedlich waren. Mache Sorten büßten schnell viele sekundäre Pflanzenstoffe ein, andere behielten sie oder ihr Gehalt erhöhte sich sogar!
Auch im Bezug auf sekundäre Pflanzenstoffe lässt sich trotzdem eine generelle Aussage treffen: So gut wie alle Gemüsesorten büßen durch den Kontakt mit viel Wasser (also beim Kochen) einen Teil ihrer sekundären Pflanzenstoffe ein. Ausnahmen stellen Artischocken, Auberginen und Spargel dar, denen das Kochen hinsichtlich ihrer antioxidativen Fähigkeiten in der Studie nichts anhaben konnte.
Als besonders erwähnenswert sind aus der spanischen Studie folgende Gemüsesorten und Garmethoden hervorgegangen:
- Besonders hohe Verluste an sekundären Pflanzenstoffen
- Blumenkohl (Kochen, Mikrowellengaren)
- Erbsen (Kochen)
- Zucchini (Kochen, Braten mit Öl)
- Besonders robuste Antioxidantien
- Artischocke übersteht alle Garmethoden ohne Antoxidantienverlust
- Rote Bete verliert bei allen Garmethoden nur wenig Antioxidantien
- Gemüse, deren antioxidatives Potential sich durch Garen sogar erhöht hat
- Aubergine (Druckgaren, Backen, Mikrowellengaren, Braten in Öl)
- Grüne Bohnen (Backen, Braten ohne Öl)
- Mais (Backen, Mikrowellengaren)
- Mangold (Backen, Braten ohne Öl, Mikrowellengaren)
- Spinat (Backen, Braten ohne Öl)
- Spargel (Braten ohne Öl, Kochen)
- Brokkoli (Braten ohne Öl)
- Zwiebel (Braten ohne Öl)
Fazit?!
Welche Garmethode ist denn nun die beste?
Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe – jeder einzelne Vitalstoff reagiert anders auf die Zubereitung. Viele können beim Garen verloren gehen, einige werden dadurch aber auch erst leicht für den Körper verfügbar oder vermehren sich sogar.
Die Empfehlung für eine vitalstoffreiche Ernährung ist also die gleiche wie für das Gemüse selbst: So abwechslungsreich wie möglich!
Wer viel rohes Gemüse isst und es beim Garen mal brät, mal backt, mal grillt, mal dünstet, mal dämpft und mal als Suppe kocht, der hat die besten Chancen von allen Vitalstoffen zu profitieren. Für jegliche Zubereitung gilt, je frischer das Gemüse verarbeitet wird und je weniger Wasserkontakt es hat, desto besser!
Und wie steht es nach diesen Informationen mit unseren drei Theorien?
- Roh verzehrtes Gemüse hat immer die meisten Nährstoffe
- Ja für den Vitamin- und Mineralstoffgehalt, allerdings können einige nur zusammen mit Fett gelöst werden.
- Jein für sekundäre Pflanzenstoffe, denn einige Gemüse haben nach dem Garen ein höheres antioxidatives Potential.
- Eingekochtes Gemüse hat kaum noch Vitamine
- Nein. Die größten Vitaminverluste entstehen beim Angaren, später erhöhen sich die Verluste kaum.
- Dämpfen ist immer die schonendste Garmethode
- Jein für wasserlösliche Vitamine und Mineralstoffe, aber auch heißes, kurzes Braten ohne oder mit wenig Öl ist eine sehr schonende Garmethode.
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Quellen:
[1] Die Nahrungszubereitung im privaten Haushalt
[2] Vitamine – wie man sie schont und wie man sie zerstört (TABULA 2/2004)
[3] Zerstört die Mikrowelle alle Vitamine?
[4] Influence of cooking methods on antioxidant activity of vegetables
Hinweis:
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